Club der Cleveren

Club der Cleveren

Transkript

Zurück zur Episode

00:00:07: Elisabeth Eidenberger: Hier sind wir wieder mit einer neuen Folge von Club der Cleveren. Ich bin Elisabeth Eidenberger, Head of Podcast bei den Oberösterreichischen Nachrichten und ich hatte einen sehr, sehr interessanten Gesprächspartner vor dem Mikrofon, mit dem ich eingetaucht bin in die Biologie des Menschen und in sein Verhalten. Vor dem Mikrofon Platz genommen hat Gregor Fauma. Er hat Biologie und Verhaltenswissenschaften studiert in Wien und in Rom und er sagt selbst, dass er die Universität verlassen hat als Biologe und akademischer Menschenversteher. Danach hat er sich seiner Leidenschaft gewidmet, nämlich dem Vermitteln von Wissen, hat eine PR- und Trainingsagentur als Partner mit aufgebaut und hat seit vielen, vielen Jahren ganz tolle Menschen trainiert und gecoacht im Bereich von Präsentations-, Medien- und Redetraining. Insofern ist es ein Genuss, diesem Herrn zuzuhören. 2018 wurde er vom Fachmagazin Training zum Trainer des Jahres gewählt und hat auch viele internationale Preise als Speaker gewonnen. Er hat ein Buch geschrieben, das heißt Unter Affen und was genau er damit meint, das höre ich jetzt.

00:01:25: Elisabeth Eidenberger: Viel Spaß bei Club der Cleveren x Gregor Fauma.

00:01:31: Gregor Fauma: Humor ist okay?

00:01:32: Elisabeth Eidenberger: Humor ist immer okay. Das Podcast von Mart heißt Club der Cleveren, weil ich einfach immer clevere Leute vor das Mikrofon habe. Und nur damit sie es wissen. Und dann reden wir halt.

00:01:46: Gregor Fauma: Schon gescheitert.

00:01:49: Elisabeth Eidenberger: Also die letzte, die da gesessen ist und auf die Frage, ob sie clever ist, hat gesagt, ja sicher, super clever.

00:01:54: Gregor Fauma: Wie clever ist das denn?

00:01:57: Elisabeth Eidenberger: Sich selbst für clever halten ist nicht schlecht.

00:02:00: Gregor Fauma: Ja, aber man sagt es nicht. Jemand, der intelligent ist, behauptet nicht von sich intelligent zu sein, sonst hat er nämlich das Gegenteil bewiesen.

00:02:06: Elisabeth Eidenberger: Aber das ist ein Makrel, dieses Eigenlob-stinkt-Thema.

00:02:09: Gregor Fauma: Richtig, ganz genau.

00:02:10: Elisabeth Eidenberger: Das passt gar nicht. Das sitzt und scheint den Knochen, oder?

00:02:12: Gregor Fauma: Geblendet vom eigenen Licht funktioniert kein Auftritt. Das ist tatsächlich so. Ich muss die Talente, die zu mir kommen und Bühne lernen wollen für Keynotes oder wichtige Vorträge und die Talente, die wirklich gut sind, die alles mitbringen, die wissen das oft und lassen also ihre Zielgruppe spüren. Und das klappt nicht. Die Leute sind angewidert. Die reagieren, gehen in den Widerstand, wenn sie merken, dass sich jemand oben auf der Bühne wirklich geil findet. Und auf der Bühne gibt's Demut, Demut und sonst gar nix. Da kannst du über dich selbst dich lustig machen.

00:02:41: Gregor Fauma: Die Leute lieben es, wenn du stolperst, wenn du dich verplauderst oder sonst was. Also im Scheitern stehen sie sehr auf dich, aber wenn du wirklich in Richtung Perfektion abdriftest und die Leute spüren lässt, dass du das kannst und die nicht, dann kriegst kein guter Nachritt. Das will niemand sehen. Und da muss ich manche Leute tatsächlich runterholen und sagen, bitte, easy, Sie bringen alles mit, gut zu präsentieren, aber so wird das nichts werden. Und dann kann ich das evolutionsbiologisch aufrollen, wo das Ganze herkommt. Dann entsteht auch Erkenntnis, dann muss man das nicht nur abnicken, sondern beginnt es auch zu verstehen, warum wir Menschen so sind, wie wir sind. Und dann ist meines Erachtens lernen passiert.

00:03:16: Elisabeth Eidenberger: Das ist der erste Podcast, den ich starte, ohne in Wirklichkeit zu starten. Jetzt sind wir schon mitten dabei. Das ist immer besonders toll. Und ich muss jetzt sagen, jetzt sitzt mir jemand gegenüber, der ein Verhaltensbiologe ist, und da wird man fast ein bisschen nervös, weil man das Gefühl hat, der ist immer im Dienst, oder?

00:03:31: Gregor Fauma: Ja, vor allem, wo sozusagen mein Studium hat damit begonnen, dass wir Partnermarkt und Flirt wissenschaftlich untersucht haben. Also das ist meine Homebase. Obacht! Ich sehe alles.

00:03:44: Elisabeth Eidenberger: Na, aber Ist man wirklich immer im Dienst? Ist man immer am Beobachten? Ist man immer am Schauen? Aha, was tut der gerade? Ich kann mich jetzt ein bisschen mystifizieren und sagen, na selbstverständlich,

00:03:52: Gregor Fauma: aber eigentlich nicht. Nein, ich glaube jeder andere habe ich meine Gedanken in der ersten Linie bei Vanilleeis und Leberkässemmeln, Fußball und solche Sachen. Nein, mir wird nie Fad, Menschen zu beobachten, unbestritten, aber es ist nicht so, dass ich pausenlos mit einer Analysebrille durch die Gegend gehe. Ich muss sogar eher aufpassen, dass ich nicht immer nur das beobachtend zulasse, wo ich Wissen dazu habe. Das heißt, eigentlich sollte ich ja die Events wahrnehmen, die gängiges Wissen widerlegen und sagen, schau, es kann auch anders sein. Das wird spannend.

00:04:23: Elisabeth Eidenberger: Was wäre denn das für ein Event, wo Sie planlos wären?

00:04:29: Gregor Fauma: Zum Beispiel, wenn junge Karrieristen, die wirklich gerade Vollgas geben wollen, sagen wir mit jung meine ich 30, ganz langsam über die Gänge schlurfen ihres Arbeitsplatzes und nicht hastig gehen. Dann würde ich kurz innehalten und mir überlegen, warum. Dann würde ich sagen, Eventuell der Sohn vom Chef kann es sich leisten, aber das Signal passt nicht. Und wir beginnen darüber nachzudenken, wo das einzuordnen ist. Dann wird mir natürlich Statistik helfen, dass ich sage, über den Einzelfall darfst du nie eine Aussage tätigen. Immer nur über eine Gruppe von Menschen und Verhaltensmuster zeigen sich immer im Gruppenverhalten, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit treten die auf und beim einzelnen Menschen weiß man es nicht. Wir wissen, da glaube ich sind wir uns einig, dass Männer im Schnitt größer sind als Frauen am Planeten Erde. Das kann man abnicken.

00:05:18: Gregor Fauma: Wir haben aber keine Ahnung, ob der nächste Mann, der da hereinkommt, größer ist als der durchschnittliche Mann oder kleiner ist. Wir wissen es nicht. Wir können darüber keine Aussage treffen. Und genauso ist es mit den anderen Verhaltensmustern, über die ich sehr, sehr gern spreche. Das funktioniert alles in der Gruppe. Wenn man wirklich viele Menschen beobachtet, findet man dieses und jenes Verhaltensmuster. Aber auf den Einzelnen hinuntergebrochen ist es unseriös und nicht zulässig, statistisch hier eine Aussage zu treffen.

00:05:46: Elisabeth Eidenberger: Dass man quasi den Mittelwert drüber stülpt, über jeden Einzelnen.

00:05:49: Gregor Fauma: Das ist wie der Patient, der zum Arzt geht und sagt, seien Sie ehrlich, wie lang habe ich noch? Und der Arzt kann sagen, es gibt einen Mittelwert von zwei Jahren mit einer Standardabweichung von nochmal eineinhalb, rauf und runter. Und wo sie sich da drinnen befinden, keine Ahnung. Vielleicht sind sie auch die eine Ausnahme. Große Ausnahme. Ich kann es ihnen nicht sagen, es wäre unseriös. Und das wäre die richtige Antwort der Ärzte. In der Regel drücken die sich halt die Antwort herum, was ich auch verstehe. Aber man kann es auch so beantworten, wie häufig die Leute es nehmen können.

00:06:20: Elisabeth Eidenberger: Ich schaue ja immer am Anfang von solchen Gesprächen gern in der Zeit zurück und frage immer, wie ist man denn dort hingekommen, wo man gekommen ist. Und die ultimative, aussagekräftigste Sache in Österreich, zu wissen, was sich ein Kind als Berufswunsch wünscht, ist der Blick ins Stammbuch. Und was ist denn dort beim kleinen Gregor Faumer gestanden, beim Was-ich-einmal-werden-will-Verhalten-studieren-Menschen-Analysieren? Was ist dort gestanden? Gestanden, was ich einmal werden will? Verhalten studieren, Menschen analysieren. Was ist dort gestanden?

00:06:54: Gregor Fauma: Ich glaube, mein allerfröhnlicher Berufswunsch war sowas wie Straßenbahnfahrer oder Lokomotivfahrer, weil mich das Fahren auf Schienen begeistert hat. Relativ bald habe ich begonnen, Tierdokumentationen zu schauen. Damals Lineares Fernsehen, das 17 Uhr begonnen hat.

00:07:12: Elisabeth Eidenberger: Was, das gab es noch?

00:07:13: Gregor Fauma: Lineares Fernsehen, 17 Uhr. Da war 17 Uhr der Kasperl, 17.30 Uhr irgendwas für Kinder und 18 Uhr gab es dann so etwas wie Paradies der Tiere, Fauna, Iperika. Da wurden Tiere beobachtet und vorgestellt aus der ganzen Welt und das hat mich sehr früh schon fasziniert. Dann habe ich relativ bald Konrad Lorenz von ihm gehört und mir wurde erzählt, ich war immer noch ein Kind, die Graugänse und der hat mir unglaublich imponiert, mit den Graugänsen geschwommen und all das. Ich wusste, das will ich auch mal machen, solche Dinge. Und später kam ein anderer, Heinz Sielmann, ein ganz berühmter deutscher Tierfilmer, muss man dazu sagen, großartige Filme gemacht über das Leben der Tiere. Und das hat mich immer fasziniert, brutal fasziniert. Und meins war dann eher, dass ich Kopf unten, hintern, weit oben über einem Tümpel gekauert bin mit Muttis Küchensieb und habe mich sehr, sehr begeistern können für Schwimmkäfer und Schwimmwanzen, also für Insekten, die sekundär erst ins Wasser gegangen sind, eigentlich schon am Land gelebt haben und dann gewechselt haben in das Wasser und unterschiedliche Vorrichtungen haben da unten zu atmen.

00:08:16: Gregor Fauma: Also sie nehmen Luft mit. Und da habe ich unglaublich entspannen können und mich fasziniert und habe schon die ganze Systematik auswendig gekonnt. War aber nie ein Berufsbild von mir. Ich habe gesagt, ich muss irgendwann schon ein Geld auch verdienen. Man braucht ein bisschen einen Flieder, damit man auch am Partnermarkt interessant ist. Das habe ich damals noch nicht gewusst, aber vermutet. Mein Vater war Biologe und Virologe, einer der ersten. Es gab eigentlich die Virologie noch nicht als Studium, aber er hat mit zwei anderen Wissenschaftlern an der Frühsommer-Meningo-Enzephalitis geforscht, am Zeckenimpfstoff, und hat mit zwei anderen es dann geschafft, den sozusagen in die Produktion zu bringen.

00:08:58: Gregor Fauma: Er ist einer der drei Patentinhaber auf den ersten Zeckenimpfstoff in Österreich. Und das hat mich schon sehr imponiert, natürlich. Ich habe mir gedacht, Biologie taugt mir, werde ich machen. Nicht Jus, nicht Wirtschaft, das war alles nicht meins. Der Germanistik oder sowas. Eher noch Philosophie. Und habe Biologie studiert und dachte auch, es wird in Richtung Vakzinforschung gehen, Molekularbiologie, aber das hat mich dann gar nicht gereizt und dann habe ich die Einführungsvorlesung in die Humanäthologie gehört von Professor Grammer mit einem riesen Slide, wo draufsteht, Schönheit ist gleich Parasitenresistenz. Das sickert einmal und dann erfahrt man, warum Männer stinken und Frauen daran schuld sind, warum Frauen sich Männer am Markt aussuchen, die ihnen sexy Söhne versprechen, die unterschiedlichen Partnermarktkriterien.

00:09:49: Gregor Fauma: Wir haben tatsächlich Flirt erforscht. Wir sind in Diskotheken gegangen und haben uns dort einen Winkel geschnappt, also es war vereinbart, und haben geschaut, wie tanzt denn wer. Und bei der Frau war natürlich immer die Periode sehr interessant, weil durch die unterschiedlichen, unterschiedlich fruchtbaren Tage verändert sich auch das ganze kognitive Apparat, das Denken, das Verhalten. Wir haben gemessen, wie viel nackte Haut zeigen Frauen in Diskotheken in Abhängigkeit von ihrem Eisprung und so weiter. Und wenn du in dem Alter bist, sorry, 24, 26, und du hast die Wahl, ob du in irgendeinem Labor, meistens drittes Untergeschoss unter Neonröhren, Mikroben jagst oder in Diskotheken Mädchen ansprechen darfst, ob sie bei einem Versuch mitmachen wollen. Mein Job war sie zum Tanzen zu bringen zum Beispiel.

00:10:33: Elisabeth Eidenberger: Das ist kein schlechter Job. Vom schwimmenden Käfer zu dem ist es eigentlich kein

00:10:37: Gregor Fauma: schlechter Weg. Ja, Käfer darf man nicht mehr sagen, sonst wäre das ein Wortspiel gewesen. Es waren auch damals wirklich viele internationale Fernsehsender hinter uns her, weil die Forschung, die Professor Kramer damals da gemacht hat, war wirklich nicht revolutionär, aber sehr, sehr progressiv. Es war methodisch hochinteressant, mit modernen Computermethoden Sachen zu analysieren, die vorher eher so subjektiv bewertet wurden. Und dann haben wir gesagt, das können Computer eigentlich besser berechnen, Oberflächen bereits sich anschauen, erst neuronale Netzwerke programmieren. Ich war ab dem Moment gefesselt von den Themen und bin es nach wie vor. Also mich muss man bremsen, den Ton runterregeln und so weiter, wenn ich über das zu sprechen beginne. Ich Bin beliebtes Podcast-Opfer, weil man braucht man nicht einmal eine Frage zu stellen.

00:11:20: Gregor Fauma: Ich wollte gerade sagen, jetzt

00:11:21: Elisabeth Eidenberger: kommen wir langsam schon überflüssig vor.

00:11:23: Gregor Fauma: Was man jetzt hört, ist das Kritzeln am Papier. Das ist die Honorarnote, die ich da schreibe.

00:11:29: Elisabeth Eidenberger: Also ich kann mich entspannt zurücklehnen. Ich muss eigentlich gar nichts mehr sagen. Jetzt sagt man immer so, Familie kann man sich nicht aussuchen. Wir reden aber auch heute Abend, wir sind ja bei der Wirtschaftsakademie, wo wir auch den Vortrag dann lauschen werden, ja, übers Business. Und ich sage ja auch, die Kollegen und Kolleginnen und den Chef kann man sich oft auch einmal nicht aussuchen und trotzdem muss man irgendwie mit denen umgehen. Jetzt haben Sie ein Buch geschrieben, da geht es darum, warum das Büro ein Dschungel ist und da heißt ganz groß steht drauf unter Affen. Jetzt haben wir vorher von den Käfern geredet, Wie kommen wir jetzt dazu, den Affen eigentlich?

00:12:04: Gregor Fauma: Relativ einfach. Es sind unsere haarigen Brüdern und Schwestern. Wir sind genetisch nahezu ident, minimale Unterschiede. Und wir können ja keine Zeitreise machen und schauen, wie die Menschen vor eineinhalb Millionen Jahren gelebt haben. Aber die gemeinsamen Vorfahren, die Menschenaffen, die kann man noch beobachten. Und man kann an ein paar Stellen noch auf dem Planeten immer noch traditionelle Stammeskulturen beobachten, wie sie arbeiten, wie sie ihr Leben bewerkstelligen. Und den Affen nimmst du natürlich her, weil er einfach, jeder kennt den, jeder hat ein Bild von Affen. Und weil der Verlag sagt, damit verkaufen wir das Buch besser.

00:12:42: Gregor Fauma: Ich nehme die Affen her, über den Menschen zu sprechen. Also ich brauche diesen Bypass letztendlich. Und es gibt tatsächlich sehr viel, was man bei den Affen beobachten kann. Am Pavianhügel, Imponiergehabe, das ständige Kampf Status, wer hat einen besseren Ressourcenzugang. Dieses Kleinaffen, die beginnen einander zu necken, die mit körperlichen Attacken die erwachsenen Affen herausfordern, durchzwicken, durchhinhauen und immer schauen, wo ist die Grenze, die man verschieben kann. Wer mal ein Kind großgezogen hat, kennt das von den eigenen. Da merkst du, die gehen immer ein Stück über die Grenze hinaus Und zum Beispiel das Kitzeln und das Necken, das Ausloten, wann kippt der Erwachsene in Aggression, wie weit kann ich gehen? Solche Dinge, ihren Freiheitsraum selbst bestimmen zu können. Ganz, ganz spannende Phänomene.

00:13:26: Gregor Fauma: Welcher Affe hat wie viel Aufmerksamkeit von der Gruppe? Wie geht man mit kranken Kolleginnen und Kollegen Und wenn man da, man braucht nicht nur Affen anschauen, man kann auch andere soziale Tiere anschauen, man kann sich Hunde, Katzen, Pferde, you name it, Elefanten anschauen. Für irgendeines musste ich dann im Titel entscheiden, wenn ich hinschreiben könnte, unter Wirbeltieren, weil ich nicht mehr so in den Dschungel gehe, das wäre halt nicht ganz so griffig wie unter Affen.

00:13:48: Elisabeth Eidenberger: Ja eben, und man kann mit jedem Affen auch was anfangen und manchmal verhalten wir uns ja tatsächlich auch affig und kommen uns vielleicht auch so vor. Wie sind denn so die typischen Verhaltensmuster oder Verhalten – fangen wir mal von oben sozusagen an – die Führungskraft im Business? Was ist denn so ein typisches Verhaltensmuster einer Führungskraft? Gibt es das überhaupt oder sind es so unterschiedlich?

00:14:13: Gregor Fauma: Es gibt unterschiedliche Methoden zu führen. Es gibt eine sehr auf Dominanz ausgelegte Methode. Das heißt, ich lasse die anderen ständig wissen, dass ich das Chef die Chefin bin, auch durch körperliche Züchtigung, durch Zurechtweisen, durch Drohgebären reicht es eigentlich. Also nur mal ausholen, ich muss ja nicht gleich hinhauen. Das ist auch

00:14:32: Elisabeth Eidenberger: nicht mehr empfehlen, muss man auch sagen.

00:14:33: Gregor Fauma: Richtig. Meine Mutter hat immer schnell die Küchenlade aufgemacht, den Kochlöffel rausgehauen und hat gesagt, jetzt kriegst du das gleich mit dem Kochlöffel. Das war eine Drohgebärde. Das ist die eine Variante, das ist sozusagen sehr oft über das Testosteron gesteuert, das Dominante, das Repressive führen, die anderen klein halten, weil man auch physisch wahrscheinlich den anderen überlegen ist. Und dann gibt es die andere Variante, das ist eher so Hippie-Kommunen-like, sehr flache Hierarchien, man ist sehr sozial im Verhalten, caring, man unterstützt die anderen, man ist deswegen in der Führung, weil man der erste Diener der Gruppe ist und das auch kann, weil man Erfahrung hat, Männchen wie Weibchen, flache Hierarchien, funktioniert genauso. Eins wie das andere, Man kann nicht sagen, das eine ist gut, das andere ist schlecht. Die Gruppen prosperieren, es geht ihnen gut und auch die sehr, sehr dominanten, wenn man die Gorillas zum Beispiel hernimmt, liegen den ganzen Tag friedlich auf der faulen Haut und sind nett zueinander. Und nur hin und wieder, wenn jemand wirklich wild ausschert, dann macht halt sozusagen der Führungsarzt einmal kurz auf sich aufmerksam, trommelt auf die Brust, wenn er einen schönen Hohlraum gibt und die Sache ist schon wieder friedlich.

00:15:41: Gregor Fauma: Und genauso ist es in den anderen Gruppen. Da wird halt viel gedroht, aber man besänftigt einander ständig. Das ist bei den Bonobos zum Beispiel der Fall. Beides kann zum Erfolg führen. Und das Interessante ist bei uns Menschen in der Führung, wenn jemand wirklich gut führt und Führung gelernt hat, wie zum Beispiel auf der Militärakademie, dann wissen die ganz genau, dass du von oben herab nicht führen kannst. Dass du nicht durch Schreien, Drohen und Bestrafen 250 versoffene, verkaterte 18-Jährige dazu bringst, irgendwas zu tun, was du von ihnen willst, am Kasernenhof und später im Einsatz, sondern das schaffst du nur, wenn sie dich akzeptieren als Mensch und als ihre Führungskraft. Und wie schafft man das? Indem man ihr erster Diener ist, indem man für sie da ist, indem man ihnen signalisiert, ihr könnt von mir alles haben, Ich werde euch in jeder Hinsicht unterstützen. Ich werde aber bei Zeiten eure Unterstützung brauchen und dann müsst ihr folgen.

00:16:39: Gregor Fauma: Und dann hast du sozusagen 95 Prozent der Zeit verbringst du damit, als gute Führungskraft, eigentlich an deinem Image, an deiner Nachrede im Team zu arbeiten, dass die sagen, unsere Führungskraft ist wirklich super, der ist für uns da, spürst du das, der macht den Rücken breit für uns, der stellt sich schützend vor uns, der fördert die Schwächsten und und und. Und dann hast du die Akzeptanz durch dieses ständige Sozialsein, dass in den Momenten, wo es keine Zeit zum Diskutieren gibt, du einen Befehl ausgeben kannst und die Gruppe macht ihn, weil sie ihn für dich macht. Und gesagt hat, wir brauchen nicht darüber nachzudenken. Und da drin passiert gute Führung. Also in erster Linie bist du der Sozialarbeiter deines Teams, sehr bestimmt. Und du hast deine Signale nach wie vor, du hast wahrscheinlich das bessere Büro, das bessere Auto, das bessere Einkommen, whatever, bist selbst bestimmter, womöglich, oder empfindest so. Und dann, wenn meistens ist es ein Change-Projekt oder eine Übernahme des Unternehmens, es reicht aber auch ein Übersiedeln zum Beispiel, dass du dann sagst, okay, und jetzt kurze Befehlskette bitte. Wir machen das so, so und so und können das gerne nachher alles diskutieren, jetzt muss es funktionieren.

00:17:46: Gregor Fauma: Und Das klappt nur, wenn man das Team vorher hinter sich gebracht hat.

00:17:49: Elisabeth Eidenberger: Aber jetzt haben Sie schon gesagt, andere Führungskräfte, das geht genauso. Also hierachisch und mit der Drohgebärde, die gibt es ja auch nach wie vor.

00:17:58: Gregor Fauma: Es gibt sie, die Frage ist nur, ob sie gut führen können. Weil Nur weil sie schreien und brüllen, heißt das nicht, dass sie gut führen. Die können zerschellen an der schweigenden Mauer ihrer MitarbeiterInnen, wenn es einen großen Change-Prozess geht. Und dann werden sie merken, dass sie es nicht geschafft haben und womöglich relativ schnell bei einem anderen Unternehmen landen. Das Glück haben wir ein Stück weiter oben weggelobt. Aber wenn man tatsächlich was erreichen will, als Bereichsleiter zum Beispiel mit dem Bereich oder in der Abteilung, dann wird das nicht klappen durch Schreien, Fluchen und Bösartigsein. Die Leute machen nichts dir dann zur Freude, sondern ganz im Gegenteil, du hast ständig diesen latenten Widerstand. Und dann gibt es Dienst nach Vorschrift als höchste Drohung.

00:18:36: Elisabeth Eidenberger: Und dann ist man vielleicht immer noch Chef oder Chefin, aber unten drunter brodelt es oder die Leute haben innen nicht gekündigt oder machen eben dann vielleicht eben das Notwendigste.

00:18:45: Gregor Fauma: Ein Problem ist, wenn Führungskräfte vorgesetzt werden, wenn man tatsächlich auf Teams keine Rücksicht nimmt, weil ich sage mal, bei unseren haarigen Brüdern und Schwestern werden die, ich will nicht sagen gewählt, sondern die stellen sich einem Wettbewerb, auch durch Gezänke und sonst was, aber sehr geschickt, auch vor allem, sie müssen immer, also wirklich Netzwerke schmieden, die ganze Zeit. Du brauchst immer Unterstützung von anderen Individuen, damit du es nach oben schaffst. Allein schafft es keiner. Aber du musst sehr sozial eingestellt sein. Also die implementierte Führungskraft hat ja noch nicht den Rückhalt des Teams, weil es noch gar keine Zeit hatte, zu beweisen, dass sie als Führungskraft dazu da ist, das Team zu führen und die Aufgaben wahrzunehmen, die das Team von einer Führungskraft erwartet. Und dann ist es sehr, sehr schwierig, hier Solidarität einzufordern. Fordern kann man alles, aber bekommen wird man es vermutlich nicht. Deswegen ist es sehr, sehr klug, wenn ein Unternehmen, Führung organisch entsteht, sprich aus den Teams heraus, von den Teams geduldet bis hin zum Mitbestimmt, weil das dann das Fundament hat, weil die Team-Member mitverantwortlich sind für die Entscheidung.

00:19:49: Gregor Fauma: Es gibt in Österreich eine Tageszeitung, die Presse, da wird der Chefredakteur, die Chefredakteurin, werden gewählt von der Redaktion. Die werden nicht hingesetzt wie in anderen Tageszeitungen einfach so, sondern werden gewählt und haben dadurch einen ganz anderen Rückhalt. Es ist viel schöner zu arbeiten da.

00:20:07: Elisabeth Eidenberger: Jetzt gibt es ja, und ich habe es vorher schon gesagt, man kann sich auch die Kollegen und Kolleginnen ja meistens nicht aussuchen, die hat man. Und es gibt welche, mit denen kommt man gut zurecht. Es ist wie in einer Familie, der Mensch halt auch. Da gibt es welche mit dem Cousin, mit der Tante, passt es. Und mit der Großtante und mit der Erbtante passt es meistens auch. Aber es gibt auch vielleicht welche, mit denen ist man nicht so grün. Wie geht man denn jetzt mit Menschen die sich so verhalten, dass man sich denkt, ich verstehe es nicht, warum tut der immer so, warum macht die das so, warum spielt der ein falsches Spiel, warum tut sie da was, wo ich merke, die drehen ja auch an meinen Schrauben und lösen in mir was aus. Wie gehe ich mit dem mit dieser Unterschiedlichkeit der Menschen, dass ich es verstehe, dass ich vielleicht ein bisschen dahinter blicke.

00:20:51: Gregor Fauma: Muss man es verstehen?

00:20:53: Elisabeth Eidenberger: Vielleicht hilft es.

00:20:56: Gregor Fauma: Und selbst wenn ich es nicht verstehe, kann ich ja den Menschen sein lassen, wie er ist. Habe ich einen Auftrag, den Menschen zu ändern, den anderen? Ist es nicht sogar manipulativ oder, wie soll man sagen, eindringend in die Persönlichkeitsstruktur des anderen Menschen, wenn ich glaube, ich muss das verstehen und dann beginnen, damit zu arbeiten? Oder kann ich einen Menschen nicht einfach sein lassen in seiner Ausformung und mir halt nur denken, ist nicht mein Fall, werde trotzdem freundlich und höflich sein. Das ist die Frage. Und die andere Variante, volles Verständnis suchen, den Menschen achten, hinterfragen, wie kommt es dazu, habe ich einen Beitrag geleistet, das sind die Gedanken, mit denen man dann kämpft auf Nächte lang, wenn man echte Probleme hat. Da hilft Ihnen, zuerst brauchst du Impulskontrolle. Wenn du merkst, dass dich jemand provoziert und du spürst, dass da jemand einen Nerv bei dir ganz bewusst trifft, dann heißt es durchatmen und nichts tun. Und sagen, ich will nicht so reagieren, wie die Person es gerade von mir wünscht. Weil dann werde ich ja zum Opfer und der andere Mensch kann mich führen.

00:22:05: Gregor Fauma: Will ich das? Nein. Will ich jemand anderen die Macht geben, auf meine Emotionen zugreifen zu können? Will ich das von mir? Nein. Was ich da brauche, ist Selbsterfahrung, dass ich das spüre und bemerke rechtzeitig, bevor mein limbisches System die Emotionen anfangen, mein Verhalten einzufärben. Das heißt, ich muss antizipieren. Ui, da könnte eine Situation kommen, da gibt es ein Meeting 9.45 Uhr, die zwei sind auch eingeladen, die werden wahrscheinlich wieder Pfeile in meine Richtung schießen oder mich provozieren oder auf einen Fehler aufmerksam machen, den ich vor fünf Jahren einmal gemacht habe oder so oder eine Falscheinschätzung einer Situation. Wie will ich reagieren? Und wenn ich das schon antizipiere und dann kommt das, dann habe ich es ja vorher gesehen. Und dann kann ich die anschmunzeln, in dem Fall waren es jetzt zwei, und mir denken, na, immer noch dieselben Affen. Und dann lächle ich die freundlich an und reagiere einfach nicht drauf.

00:23:02: Gregor Fauma: Wenn ich einfach sage, ihr könnt es halt auch nicht aus eurer Haut raus. Aber ihr bekommt jetzt nicht von mir das, was ihr wolltet. Nämlich eine Reaktion, eine Gegenoffensive, eine eskalierende Situation. Das ist die Kunst, dass du die Zeit streckst zwischen Input – irgendetwas provoziert dich oder jemand – und deinem Output. Dass du das streckst durch Selbsterfahrung. Wie tick ich in der Regel? Will ich so ticken? Was kann ich tun, damit ich nicht immer nach Schema F ablaufe? Man kommt nämlich dann drauf, dass man auch einer von vielen Affen ist und immer nach Schema F reagiert.

00:23:35: Elisabeth Eidenberger: Nicht nur die anderen, sondern man selbst auch.

00:23:37: Gregor Fauma: Genau. Und wenn man das von sich nicht will, einfach in Selbsterfahrung gehen. Ich sage einmal, mit zehn Stunden ist man schon sehr, sehr durchgecheckt, hat ein gutes Bild von sich und kann dann beginnen, an sich zu arbeiten, genau für solche Situationen. Das kann eine Verkehrssituation sein. Die schneidet ein Auto oder er lässt dich nicht umspuren, sondern beschleunigt nach vorn. Ich kann mir jetzt denken, also alle Schimpfwörter der Welt. Ich kann mir auch überlegen, ui, Rast zur Geburt seines Kindes, hoffentlich kommt er gesund an. Nur als Beispiel.

00:24:08: Gregor Fauma: Oder er hat ein wichtiges Date und möchte nicht zu spät sein. Es liegt an mir, wie ich eine Situation für mich deute. Und ich kann mich ja fragen, welche Deutung tut mir den Wohler psychisch? Die Aggression, der Hund lässt mich nicht umspuren, der hat mich geschnitten, der hat mich wütend überholt oder sonst was. Oder dass ich sage, lass doch fahren, hat es wahrscheinlich gerade unfassbar ein, eilig, ich drücke die Daumen, dass er sich rechtzeitig ankommt. Geht mir viel besser damit. Da muss man schon durchaus ausgebändelt auch sein.

00:24:37: Elisabeth Eidenberger: Das sagt man jetzt so einfach, aber man steckt auch in der Situation drinnen und denkt sich, na geh, ich hab's auch eilig.

00:24:43: Gregor Fauma: Es ist eine Übung. Es ist tatsächlich so, dass man sich immer wieder tappen wird, dass man es macht, dass man dann tatsächlich wohlwollender wird, großzügiger, auch gegenüber den Läusen im Team, wo man sagt, ich mag den Menschen nicht, ist eigentlich immer nur das Wieder und dagegen. Aber wenn ich weiß, dass der Mensch so ist und das auch brav immer erfüllt, wie ein Hund, der jedes Stöckerl apportiert, sage ich, na ja, dann bist halt auch einer. Ich habe wahrscheinlich genauso meine Macken. Und man kann ja sehr gut auch nebeneinander leben. Man muss ja nicht unbedingt ständig umarmen und liebhaben, sondern ich kann den anderen lassen, freundlich anlächeln. Das hat mit Wohlwollen zu tun. Dass ich sage, sei halt du, wie es bist, solange du meine Grenzen weißt.

00:25:16: Gregor Fauma: Und die kann ich mir schon selber schützen, indem ich bestimme, wer mich kränken darf, wer mich verletzen darf und wer mich provozieren darf. Und dann hat man so ein Schutzschild sich herum. Das ist an manchen Stellen dichter, an manchen ist es ein bisschen durchtrinkbarer. Und das ist meines Erachtens die ständige Arbeit an sich, mit seinen Mitmenschen besser klarzukommen. Das ist nicht die Arbeit an den Mitmenschen.

00:25:41: Elisabeth Eidenberger: Nicht die anderen, sondern man selbst.

00:25:42: Gregor Fauma: Nicht die anderen. Das ist da auch der Sager, man kann sich seine Familie nicht aussuchen. Richtig, aber ich kann mir aussuchen, wie ich sie betrachte.

00:25:51: Elisabeth Eidenberger: Jetzt kann man es ja nicht sehen, weil wir im Podcast sind, aber vor uns auf dem Tisch liegt ein Knochen und jetzt würde ich schon die ganze Zeit fragen, was tut der da?

00:25:59: Gregor Fauma: Ich habe den Knochen immer mit, auch bei meinen Vorträgen. Der steht im Grunde für die ersten Werkzeuge, die die frühen Menschen verwendet haben, weil die waren wirklich wehrlos und schwach und waren die klassischen Opfer der Savanne. Also das waren die Jausensnacks der großen Raubkatzen. Klein, ungefährlich wehrlos und konnten vielleicht mit einem Knochen werfen oder drohen und nicht viel mehr machen. Deswegen habe ich den Knochen immer mit. Er ist für mich auch immer ein guter Geschichtenerzähler. Da sieht man zum Beispiel, das ist ein Podcast, ich weiß schon, aber wenn man da genau hinschaut an diesen Oberschenkel, erkennt man so Kauspuren. Und wenn man die untersucht, wird man feststellen, dass das Kauspuren sind von Menschen, die in Favoriten aufgewachsen sind und gelebt haben, also höchstwahrscheinlich Austria-Wien-Fans.

00:26:37: Gregor Fauma: Und dann kriegt man eine Idee, dass der Knochen wahrscheinlich aus Wien-Hütteldorf kommt und der Oberschenkel von einem Rapid-Fan ist. Und jetzt fragst dich, warum sind auf einem Rapid-Oberschenkel Austria-Wien-Kauspuren? Und dann beginnt man, sich seine Geschichte zu erzählen. Ja, dass der wahrscheinlich zuerst sehr frech war und dann womöglich zu langsam oder in der Unterzahl. Und das ist so der Knochen, mit dem man einfach ein paar Geschichten erzählen kann zu den frühen Menschen.

00:27:01: Elisabeth Eidenberger: Schaut auf jeden Fall gut aus, ein schönes Accessoire, wo man immer was sagen kann. Wo man eben denkt, ich mache schon die ganze Zeit, was der Knochen tut.

00:27:09: Gregor Fauma: Exakt.

00:27:12: Elisabeth Eidenberger: Wie überwinde ich denn jetzt meinen eigenen inneren Affen? Also ich glaube immer, die anderen sind die Affen, aber wir sind es ja selber auch. Wir haben schon ein bisschen davon gesprochen, so über diese Reflexion und dass man über mich selbst klar werden kann. Kann man oder muss man sich selbst ja auch mal bewusst machen, wie verhalte ich mich denn auch anderen gegenüber? Vielleicht bin ja ich der, der den anderen aufregt.

00:27:37: Gregor Fauma: Ja, genau die Gedanken sollte man haben, gar keine Frage. Also bei dem an sich Arbeiten, an der Selbsterfahrung kommt natürlich auch dazu, wie reagieren andere auf mich und warum reagieren die womöglich so auf mich und hat das was mit mir zu tun? Und da mag ich sehr gern das Konzept des Raums, das habe ich von meiner systemischen Ausbildung gelernt. Wie viel Raum nimmt man ein? Und dann beginnt man, das steuern zu können durch unterschiedliche Übungen, dass ich mal Raum gebe, den anderen im Zimmer Raum überlasse, Raum einen Gedanken zu formulieren, Raum auszusprechen, auch tatsächlich Raum am Tisch sich auszubreiten oder ob ich mir das alles nehme. Und wenn man dafür mal ein Gespür entwickelt, wie viel Raum man selbst einnimmt, wird man feststellen, dass man immer wieder mal ein wenig territorial dominant unterwegs ist und den Raum von anderen in Beschlag nimmt, wo doch ein bisschen ein bescheideneres, schmähleres Auftreten wahrscheinlich sozial verträglicher wäre. Trotzdem ist es natürlich sehr lustbetont auch viel Raum einzunehmen und dergleichen. Wenn ich die Bühne betrete, muss ich einen riesen Raum einnehmen, den muss ich erfüllen mit mir, mit meinem Ego, mit meiner Persönlichkeit vor hunderten Leuten sprechen. Da muss ich Raum einnehmen ohne Ende. Und wenn man zum Beispiel in einer Gesellschaft ist, in der man nicht sehr vertraut ist, schaue ich, dass ich möglichst wenig Raum einnehme und vielleicht nur situativ ein bisschen mehr besetze.

00:29:07: Gregor Fauma: Und in dem Moment, wo ich Raum gebe, können andere sich ein bisschen ausrollen. Und da wünsche ich mir von vielen Mitmenschen, dass sie da ein bisschen sensibler werden dahingehend, welchen Raum sie denn einnehmen, in netten Gesprächen.

00:29:20: Elisabeth Eidenberger: Gibt es eigentlich eine historische Persönlichkeit, wo Sie sagen würden, die hätte ich einmal getroffen und das Verhalten analysiert?

00:29:29: Gregor Fauma: Vermutlich Jesus Christus. Wäre interessant, da er doch die Idee der Friedfertigkeit versucht hat zu teilen Und zu sehen, wie sich das Körper sprachlich auswirkt und stimmlich in dieser Männergesellschaft. Ob er territorial dominant war, ob er viel Raum eingenommen hat oder vielleicht zu wenig, das könnte schon interessant sein.

00:30:05: Elisabeth Eidenberger: Zum Abschluss habe ich eine Frage, die stelle ich allen. Was wäre denn die eine Eigenschaft, die Sie haben, auf die Sie ehrlich stolz sind, die wir uns von Ihnen abschauen könnten? Ich

00:30:15: Gregor Fauma: höre allen sehr genau zu. Und wenn ich höre, ich stelle eine Frage immer ein, denke ich mir, das ist sehr nett. Jetzt kriege ich was Spezielles. Und dann meldet sich sofort bei mir der Zyniker und sagt, schön, ich kriege das, was alle anderen auch bekommen. Da fühle ich mich ja gut aufgehoben hier. Also das ist eine Eigenschaft von mir. Ich gehe sehr schnell in den Widerstand, auch weil ich sehr, sehr genau zuhöre und weil ich das Spiel mit der Sprache liebe. Und das war für mich ein großes Lernen, dass ich Sprache früher wirklich als gewaltiges Schwert eingesetzt habe, unglaublich viele Opfer hinterlassen habe im Glaube.

00:30:46: Gregor Fauma: Das ist witzig, Also ein richtig schöner Zyniker. Und das habe ich mir wegcoachen. Also nicht ganz, aber größtenteils wegcoachen lassen. Und das ist eine Eigenschaft, wo ich sage, die ist da, die ist zugeschüttet, aber ich spüre sie tief in mir drinnen. Immer noch genaues zuhören, den Begriff aufnehmen und sagen, was willst du damit eigentlich sagen.

00:31:06: Elisabeth Eidenberger: Kann man sich bestimmt auch anschauen, auch wenn er tief versteckt ist, der Zyniker, ein bisschen hört man

00:31:10: Gregor Fauma: schon.

00:31:12: Elisabeth Eidenberger: Ich sage auf jeden Fall danke für das Gespräch und für die Einblicke Und ich hoffe, wir sehen uns wieder mal und dann können wir über das nächste Plana.

00:31:19: Gregor Fauma: Ja, sehr gerne.

00:31:20: Elisabeth Eidenberger: Danke. Sag danke. Das war Club der Cleveren. Willst auch du ein bisschen cleverer werden? Dann werde Teil unserer Community und abonniere uns auf Spotify, Apple Podcasts und überall, wo es Podcasts gibt. Unterstütze uns, indem du eine Bewertung da lässt und unseren Podcast teilst. Alle Folgen findest du auch auf Nachrichten.at, Slash Podcasts oder ganz praktisch in der OEN-App unter Medien. Bis zum nächsten Mal.